Samstag, 6. Oktober 2012

Vergabeverfahren - Bis wann können Bieterfragen gestellt werden?

Die Frage nach dem rechtzeitigen Erteilen der Auskünfte durch den Auftraggeber bei Vergabeverfahren oberhalb der Schwellenwerte wurde in http://www.fachverlag-ferber.blogspot.de/2012/10/frist-fur-zusatzliche-auskunfte.html  behandelt. In diesem Artikel wird die Frage behandelt bis wann im Vergabeverfahren Bieterfragen gestellt werden können.

In den Vergabeverordnungen findet sich, dass rechtzeitig angeforderte zusätzliche Auskünfte über das Vergabeverfahren fristgerecht zu erteilen sind. Beispielhaft sind hier die VOL/A und VOB/A aufgeführt:

§ 12 EG Abs. 8, VOL/A
Die Auftraggeber müssen rechtzeitig angeforderte zusätzliche Auskünfte über die Vergabeunterlagen und das Anschreiben spätestens 6 Tage, beim nicht offenen Verfahren oder beschleunigten Verhandlungsverfahren spätestens 4 Tage vor Ablauf der Angebotsfrist erteilen.

§ 12 EG Abs. 7, VOB/A
Rechtzeitig beantragte Auskünfte über die Vergabeunterlagen sind spätestens sechs Kalendertage vor Ablauf der Angebotsfrist allen Bewerbern in gleicher Weise zu erteilen. Bei nicht offenen Verfahren und beschleunigten Verhandlungsverfahren nach § 10 EG Absatz 2 Nummer 6a beträgt diese Frist vier Kalendertage.

Doch was bedeutet rechtzeitig? Horn in Müller/Wrede (Hrsg.). VOL/A Kommentar. 3. Aufl. 2010, §12 EG Rn. 45  hält für den Regelfall von einfach zu beantwortenden Fragen an den Auftraggeber einen Tag vor der Frist für zusätzliche Auskünfte für fristgerecht. D. h. beträgt die Frist für zusätzliche Auskünfte 6 Tage, so könnten  bis spätestens 7 Tage vor dem Abgabetermin Fragen der Bieter beim Auftraggeber eingehen. Der Auftraggeber hat dann aber nur einen Tag zum beantworten der Bieterfragen.

Fristende für einfach zu beantwortende Fragen
Deshalb hält dagegen von Wietersheim in Ingenstau/Korbion. VOB Kommentar, 17. Auflage 2010, §12a VOB/A Rn. 18 einen Tag vor dem Fristende für Auskünfte für in der Regel nicht mehr ausreichend.

Der Auftraggeber muss die Möglichkeit haben die Fragen fristgerecht beantworten zu können, d.h. letztendlich kommt es also auf den Umfang und die Komplexität der Fragestellungen an. Die Bieter tragen die Verantwortung, die Unterlagen frühzeitig zu prüfen und auftretende Fragen rechtzeitig zu stellen, so dass der Auftraggeber die Möglichkeit bekommt auch komplexe Fragestellungen fristgerecht beantworten zu können. Um unnötige Postlaufzeiten zu vermeiden sollten sowohl die Fragen als auch die Auskünfte elektronisch (E-Mail, Fax, ...) versendet werden.

Eine generelle Frist bis wann die Fragen gestellt werden müssen, lässt sich also nicht nennen, da dies im Einzelfall von der Komplexität und dem Umfang der Frage abhängt.

Haben die Bieter ihre Fragen rechtzeitig gestellt aber der Auftraggeber kann die Auskünfte nicht fristgerecht erteilen, so ist die Angebotsfrist vom Auftraggeber entsprechend zu verlängern. Beispielhaft wird hierzu die VOL/A aufgeführt.

§ 12 EG Abs. 9, VOL/A
Können die Angebote nur nach einer Ortsbesichtigung oder Einsichtnahme in nicht übersandte Vergabeunterlagen erstellt werden oder konnten die Fristen nach Absatz 7 oder 8 nicht eingehalten werden, so sind die Angebotsfristen entsprechend zu verlängern.

Weiteres über Fristen im Vergabeverfahren vermittelt das eintägige  
Seminar Praxisratgeber Vergaberecht - Fristen im Vergabeverfahren

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